Theater des Lebens: eine unmoralische Anstalt
Voltaire sah sich selbst vor allem als Theaterschriftsteller: er schrieb 56 Theaterstücke, darunter siebenundzwanzig Tragödien. Zeit seines Lebens stand er selbst leidenschaftlich gerne auf der Bühne und war nach den Berichten seiner Zeitgenossen ein hervorragender Schauspieler. Es gehörte im 18. Jahrhundert zur gesellschaftlichen Gepflogenheit der vornehmen Häuser Frankreichs, Theater zu spielen und nicht wenige Herrschaftssitze verfügten selbst über eine kleine Bühne. So hielt es auch Voltaire in allen von ihm selbst bewohnten Häusern. Seine Gäste mussten sich darauf einstellen, die freien Abende zum Erlernen ihrer Rollen zu verwenden, um sich nicht bei den privaten oder öffentlichen Aufführungen zu blamieren. Die Proben zu seinen Stücken leitete er am liebsten selbst, die bekanntesten Schauspieler der Zeit gehörten zu seinen Freunden (Lecouvreur, Le Kain). Die Stücke haben gemeinsame Merkmale (und wer sie liest, bekommt eine Ahnung davon, warum man sie heute nicht mehr spielt):
-
- Die eigene Empfindung hat Vorrang vor gesellschaftlichen Sitten und Gebräuchen (Konventionen). Wo dieses Gesetz gebrochen wird, geschieht Unrecht, aus dem Unheil entsteht: die ‚Natur‘ rächt sich, wenn wir ihr zuwiderhandeln.
- Die Herrschenden sollen gerecht und am Allgemeinwohl interessiert sein.
- Soldaten eignen sich nicht als Herrscher (König).
- Autorität erlangt man durch Verdienst, sonst nimmt jenes Unheil seinen Lauf, das die Tragödien füllt: Ein guter König stirbt, wird ermordet, die Macht von einem Schurken ergriffen. Oder: ein König, der sich als Schurke, als Betrüger erweist, wird vom Sohn des rechtmäßigen und guten Throninhabers vertrieben.
- Die Priesterschaft ist verlogen, korrupt, betrügerisch oder fanatisch.
- Vielen Stücken ist eine antiautoritäre Tendenz gemeinsam: Der Sohn ‚heiratet‘ die Mutter, vertreibt den Vater, tötet den Usurpator, den falschen König etc.
Für den deutschen Sprachraum war diese noch zu Lebzeiten Voltaires erschienene, auch heute noch überraschend gut lesbare Übersetzung, bedeutend:
Des Herrn Arouet von Voltaire sämmtliche Schauspiele, nebst den dazu gehörigen Schriften, aus den Französischen von verschiedenen Federn übersetzet, 5 Bd., Nürnberg, bey Gabriel Nicolaus Raspe, 1766 – digital verfügbar bei google books
Band 1: Oedipus, Mariamne, Der Unverschwiegene [Indiscret], Brutus, Zaire;
Band 2: Cäsars Tod, Alzire oder die Amerikaner, Der verlorene Sohn oder das verschwenderische Kind [Enfant prodigue], Merope, Die Schwärmerey, oder Mahomet, der Prophet;
Band 3: Semiramis, Nanine oder das besiegte Vorurteil, Orest, Catilina [Rome sauvée Catilina], Charlot oder Die Gräfin von Givri;
Band 4: Zulime, Amélie oder der Herzog von Foix, Der Waise in China, Die Spröde oder die Bewahrerin des Kästchens [Dépositaire], Die Frau, welche Recht hat [Femme qui a raison], Olympie;
Band 5: Das Caffeehaus oder die Schottländerin [Écossaise], Tankred, Das Herrenrecht [Droit du seigneur], Sokrates, ein Trauerspiel, die Scythen, die Guebern [Guèbres]
Heute werden Voltaires Theaterstücke in Deutschland praktisch nicht mehr verlegt und nur sehr selten gespielt. Der antiklerikale Inhalt ist unerwünscht, die früher viel gespielten Stücke sollen unter dem schwarzen Mantel des Vergessens aus dem Bewusstsein der Menschheit verschwinden.
Folgende Aufführungen von Theaterstücken Voltaires in deutscher Sprache sind uns bekannt:
-> Mohammed, Premiere 1.4.1993 – Freiburg im Breisgau (als Tragödie von Goethe nach Voltaire) Regie Christian Pade
-> Im Namen von (=Mohammed), in fünf Aufzügen von Andreas von Studnitz nach Voltaire und Johann Wolfgang von Goethe. Theater Ulm, 4.10. (Premiere) – 22. 12. 2015. Besprechung der Aufführung (pdf): Im Namen von
-> Prophet 3.0 (Mahomet- Adaption von A. Togni), Aufführung im Volkshaus Zürich am 4.11.2017, Besprechung der Aufführung (pdf): Prophet 3.0
-> Zaire, Oper von Bellini, Aufführung (Premiere) Mai 2006 – Gelsenkirchen, Theater im Revier
Im Folgenden werden ausgewählte Theaterstücke in chronologischer Reihenfolge vorgestellt:
Inhaltsverzeichnis
Oedipe, tragédie, 1719
Pierre u. Jacques Ribou Am 18. 11. 1718 in der Comédie Francaise erstmals aufgeführt, wurde Voltaires erstes Stück sogleich ein Riesenerfolg: 34 Aufführungen hintereinander; das war für das Theaterstück eines vollkommen unbekannten 24 jährigen Autors sensationell und machte ihn mit einem Schlag berühmt. Inhalt: Die Familie bringt Ödipus bekanntlich von A bis Z Verderben und Unglück, er tötet, ohne zu wissen, um wen es sich handelt, seinen Vater Laios im Kampf und heiratet Ioakaste, seine Mutter. Das Drama endet ‚klassisch‘ mit der Selbstblendung des verzweifelten Ödipus und dem Freitod Iokastes. In Voltaires Theaterstück war jedoch Iokaste vor ihrer Heirat mit Laios, – abweichend vom klassischen Vorbild des Sophokles – leidenschaftlich in Philoktet verliebt. Sie heiratete trotzdem Laios – aus Staatsraison. Und als nach Laios Tod eine Heirat mit Philoktet möglich gewesen wäre, folgt sie erneut der Staatsraison und gibt Ödipus das Jawort. Zweimal hätte Iokaste, wäre sie nur der Stimme ihres Herzens gefolgt, das Schicksal abwenden können. Durch die Einführung der Liebesbeziehung Philoktet – Iokaste als Parallelhandlung erscheint bei Voltaire das göttliche Urteil über Ödipus und Iokaste bedeutend weniger schicksalhaft und unabwendbar als in der klassischen Vorlage. Diese obrigkeitskritische Tendenz gipfelt in Aussagen wie der des Araspe mit dem zentralen Grundsatz der Aufklärung: „Ne nous fions qu’à nous, voyons tous par nos yeux, ce sont là nos trépieds, nos oracles, nos dieux“ (Vertrauen wir nur uns selbst, sehen wir alles mit unseren eigenen Augen. sie sind unsere heiligen Gefäße, unsere Orakel, unsere Götter“).
-> Liste ausgewählter Übersetzungen (hier aufklappen)
Auf Deutsch (Jahr der ersten Ausgabe, ohne Folgeauflagen):Als Einzelausgabe:
o Oedipp, Ein Trauerspiel, in: Sechs Schauspiel, Übersetzt , Braunschweig, Hamburg 1748, S. 1- 64 (BV-200720 )
o Oedipus, Ein Trauerspiel, Übersetzt von Heinrich Gottlieb Koch, Aufgeführt zu Wienn in dem K K. privilegierten Stadttheater, Wienn 1749 (Krauß), 84 S. (BV-200721)
o Oedipp, Ein Trauerspiel, [Übersetzt von Johann Edlem von Sternschutz], Wien 1770 (Ghelen), 72 S. (BV-200722)
o Oedipus, König von Theben, Nach Voltaire von Julius Freiherr Ecker von Eckhofen, Augsburg, Leipzig 1820 (Jenisch &Stage) (BV-200723)
o Ödipus, Übersetzt von Edwin Maria Landau in: Theater der Jahrhunderte Ödipus München-Wien 1968 (Albert Langen Georg Müller), S. 217-259 (BV-200559)
In Sammlungen:
o Oedipp, Ein Trauerspiel, in: Sechs Schauspiel, Übersetzt , Braunschweig, Hamburg 1748, S. 1- 64 (Bd.1, Seite: , (BV-200720)
o Oedipus, Ein Trauerspiel, Übersetzt von Heinrich Gottlieb Koch, Aufgeführt zu Wienn in dem K K. privilegierten Stadttheater, Wienn 1749 (Krauß), 84 S. (Bd.1, Seite: , (BV-200721)
o Des Herrn Arouet von Voltaire sämmtliche Schauspiele, nebst den dazu gehörigen Schriften, aus dem Französischen von verschiedenen Federn übersetzet, Bd. 1 - 5, Nürnberg, bey (Gabriel Nicolaus Raspe), 1766-1771 (Bd.1, Seite: 1 - 76, (BV-200550)
o Oedipp, Ein Trauerspiel, [Übersetzt von Johann Edlem von Sternschutz], Wien 1770 (Ghelen), 72 S. (Bd.1, Seite: , (BV-200722)
o Oedipus, König von Theben, Nach Voltaire von Julius Freiherr Ecker von Eckhofen, Augsburg, Leipzig 1820 (Jenisch &Stage) (Bd.1, Seite: , (BV-200723)
o Ödipus, Übersetzt von Edwin Maria Landau in: Theater der Jahrhunderte Ödipus München-Wien 1968 (Albert Langen Georg Müller), S. 217-259 (Bd.1, Seite: , (BV-200559)
Artémire, 1720
Am 15. 2. 1720 wird Artémire an der Comédie uraufgeführt und erlebt – nach einigen Abänderungen – nur 8 Aufführungen, obwohl Adrienne Lecouvreur die Hauptrolle spielte. Artémire liebt Philotas, den rechtmäßigen Anwärter auf den Thron nach Alexanders Tod. Doch wird er vom dem grausamen Cassandre ermordet, der den Thron an sich reisst. Und gerade Cassandre, dem Usurpator, wird Artémire gegen ihren Willen, aber mit Einverständnis ihres Vaters zur Frau gegeben, der jedoch seinen Fehler teuer bezahlt, denn auch er wird von Cassandre ermordet.
„..attachait mes destins aux ordres de mon père; A cet ordre inhumain j’ai dû désobéir“
[Mein Schicksal band mich an die Befehle meines Vaters, diesem inhumanen Befehl hätte ich mich widersetzen müssen]
Als auch Artémire getötet werden soll, sieht sie den Tod als Strafe dafür, daß sie nicht ihrem Herzen gefolgt ist, sondern sich in ihrer Gehorsamkeit hat fehlleiten lassen. Voltaire lässt sein Stück aber ‚gut‘ enden: wundersamerweise stirbt am Ende Cassandre und Artémire, die tugendhafte, überlebt.
Herode et Mariamne Paris, 1725
Noel Pissot. Am 6. 3. 1724 wird Mariamne an der Comédie uraufgeführt. In der Hauptrolle Adrianne Lecouvreur, die 6 Jahre später im Alter von 37 Jahren starb und als Schauspielerin, obwohl zu Lebzeiten gefeiert, kein Begräbnis erhielt – die Kirche stellte sich dagegen. Ihre Leiche wurde auf einem Acker an der Seine verscharrt (siehe Voltaires Gedicht Der Tod von Adrianne Lecouvreur zu dieser Ungeheuerlichkeit).
L’Indiscret (Der Indiskrete) 1725
ist eine Komödie in einem Akt, die man meist zusammen mit einem Drama aufführte. Sie handelt von Damis, der den Frauen den Kopf verdreht, aber seinen Mund nicht halten kann und ausgerechnet bei seinem Freund Clitandre, der unsterblich in Hortense verliebt ist, von seiner neuen Eroberung – eben Hortense – angibt. Dessen Diener fädelt eine kleine Intrige ein, um Hortense zu täuschen – sie soll glauben, dass Damis das Interesse an ihr verloren habe. Der Versuch scheitert. Hortense verkleidet sich schließlich beim Maskenball als Julie, mit der Damis ebenfalls eine Liebschaft unterhält, er fällt drauf herein und gesteht Julie – Hortense seine Liebe, Hortense erkennt den Filou und nimmt den langweiligeren, aber ernsthaften Clitandre zum Freund. Das Schlußwort Damis‘:“Gerechter Himmel! Wem kann man bloß noch etwas anvertrauen?“
-> Liste ausgewählter Übersetzungen (hier aufklappen)
Auf Deutsch (Jahr der ersten Ausgabe, ohne Folgeauflagen):Als Einzelausgabe:
o Der Schwatzhafte, Lustspiel, Frankfurt und Leipzig 1780 (BV-200967 )
In Sammlungen:
o Des Herrn Arouet von Voltaire sämmtliche Schauspiele, nebst den dazu gehörigen Schriften, aus dem Französischen von verschiedenen Federn übersetzet, Bd. 1 - 5, Nürnberg, bey (Gabriel Nicolaus Raspe), 1766-1771 (Bd.1, Seite: 139 - 176, (BV-200550)
o Der Schwatzhafte, Lustspiel, Frankfurt und Leipzig 1780 (Bd.1, Seite: , (BV-200967)
Brutus, 1731
In diesem Stück setzt Voltaire der römisch-etruskischen Tyrannei republikanische Ideen entgegen. Interessant ist, daß er hier im Gegensatz zu Ödipus dem Gefühl eine negative Funktion zuspricht. Die Liebe zu Tullia treibt Titus zum Verrat an der römischen Republik. Auch das Vater-Sohn Thema, das Voltaire in anderen Stücken so oft beschäftigt, wird in Brutus umgedreht: zwar spielt Titus mit dem Gedanken des Vatermordes, doch am Ende ist es Brutus, sein Vater, der den Tod seines Sohnes fordert, um der Freiheit zum Sieg zu verhelfen. Wenn es in diesem Stück eine Aussage gibt, dann diese: der Kampf für die Freiheit rechtfertigt jedes Opfer. Das Stück kann als Anklage gegen die Monarchie verstanden werden, es nimmt in der Frage, was die Herrschaft legitimiert, ganz klar zugunsten des Volkes und gegen die adlige Herkunft Stellung. Am 11.12.1730 in der Comédie Francaise uraufgeführt, erlebte es daher nur wenige Aufführungen und wird erst wieder während der Revolution gezeigt.
Zaire, 1732
Neben Oedipe war Zaire Voltaires erfolgreichstes Stück, es erlebte nach der Uraufführung am 13.8.1732 noch 21 weitere Aufführungen und wurde noch bis ins 20. Jahrhundert hinein gespielt.
Zaire, christlich geboren, lebt seit früher Kindheit im Serail des Sultans. Orosman, sein Sohn, und Zaire lieben sich und Orosman, nach dem Tod des Vaters selbst Sultan, will Zaire heiraten. In den Verliesen des Serails schmachten seit vielen Jahren einige hundert Christen, deren Kreuzzug zur Eroberung Jerusalems auf diese Weise endete. Zwei von ihnen beschwören Zaire, von der Heirat Orosmans abzusehen, die sie als Verrat am Christentum und – denn sie erweisen sich als Zaires Vater und Bruder – an der Familientradition ansehen. Orosman vermutet im Bruder Zaires aber ihren heimlichen Liebhaber, glaubt deren Flucht zu entdecken und ersticht Zaire als vermeintliche Verräterin. Als er die Wahrheit erfährt, entlässt der verzweifelte Orosman großmütig alle Christen aus der Gefangenschaft und tötet sich schließlich selbst. Orosmans Tat ist von Eifersucht gesteuert, aber Zaire hat ihren Tod heraufbeschworen, weil sie, indem sie zum Christentum übergeht, der Stimme des Blutes folgt und ihre Liebe verrät. Wenn es eine Moral in Voltaires Zaire gibt, so ist es diese: die Herkunft, die Familie, das Blut, sind Steine am Hals der Freiheit. Frei sein kann nur, wer sich von solchen Banden losmacht und seiner inneren Stimme, den eigenen Wünschen, folgt. Eine Fähigkeit, die sich Voltaire selbst lebenslang bewahrt hat.
Voltaire zeigt in Zaire, dass die Umgebung, in die man zufällig gerät, darüber entscheidet, welche Religion man annimmt, keine kann auf den einzig wahren Glauben Anspruch erheben. Die Spannung der Tragödie lebt vom Hin- und Hergerissensein Zaires zwischen ihrem schlechten Gewissen, ihrem Pflichtgefühl gegenüber Vater, Bruder und christlicher Religion und der Stimme ihrer Liebe zu Orosamn. Ihr Vater, Lusignan, ist schwach und stirbt alsbald. Der Bruder Zaires, Nerestan, fällt durch seinen abstrakten Dogmatismus auf, den das Glück Zaires, seiner Schwester, kalt lässt. Bei der Gestaltung von Vater und Bruder hat Voltaire unverkennbar biographische Elemente eingearbeitet: Voltaires Vater und auch sein Bruder Armand waren gläubige Jansenisten, die ihn, soweit es ging, vom Erbe ausschlossen. Die Tragödie enthält keine adelskritischen Elemente außer einem Appell an alle Herrscher der Welt, sich am Großmut Orosmans ein Beispiel zu nehmen. Die Sprengkraft der Zaire liegt nicht hier, sondern in der Kritik am christlichen Fanatismus, der das Glück des Einzelnen kirchlichen Dogmen opfert und dabei ohne Gewissensbisse über Leichen geht.
dt.: Zaire. Trauerspiel von Voltaire
Zaire. Trauerspiel von Voltair, aus dem Französischen metrisch übersetzt von Friedrich Pencer Wien, 1826 (Chr. Fr. Schade) in: Classische Cabinets-Bibliothek oder Sammlung auserlesener Werke der deutschen und Fremd-Literatur. Von Peucer, Schriftsteller und Diplomat (1779-1849), wurde 2016 im Antiquariatskatalog folgender netter Brief angeboten: An den Maler Johann Heinrich Schramm (1810-1865): „Wenn Sie für heute Abend nicht schon anderweit versagt sind, bin ich so frei, Sie um 7 Uhr zu einer Tasse Thee u. sodann zur […] Vorlesung meiner schlecht übersetzten Voltaire’schen ‚Zaire‘ zu mir ergebenst einzuladen […]“. – Seit 1807 als Sekretär und später als Geschäftsträger der Weimarischen Gesandtschaft in Paris tätig, wurde Peucer 1815 Oberkonsistorialdirektor und 1838 Präsident des Oberkonsistoriums in Weimar. Bekannt wurde er als Dramatiker und Übersetzer aus dem Französischen („Klassisches Theater der Franzosen‘, 4 Bde., 1819-23).
-Voltaire, Zaire, Bielefeld 1899 Velhagen Klasing, Hrsg. von S. Waetzoldt, A. Benecke.Mit Anmerkungen zum Schulgebrauch in französischer Sprache. 72 S.
Alzire ou les Americains, 1736
Alzire, eine von den Spaniern gefangene Inkaprinzessin, ist mit dem aus spanischen Gefängnissen entflohenen Inkafürsten Zamore verlobt. Gegen ihren Willen wird sie mit dem gewalttätigen Spanier Gusman verheiratet. Da erscheint Zamore, verlangt Alzire für sich, verletzt Gusman tödlich und weigert sich, durch Bekehrung zum Christentum sein Leben zu retten, was wiederum dem sterbenden Gusman Achtung abnötigt. Voltaire zeigt, dass die gewalttätigen Christen hinter der von ihnen verachteten Inkareligion moralisch weit zurückstehen. Am Schluss der Tragödie bekehrt sich Zamore freilich doch noch zum Christentum – ohne diese Wendung wäre Alzire wohl niemals auf irgendeiner Bühne gespielt worden.
Die Uraufführung am 27. Januar 1736 war ein großer Erfolg.
Alzire ist Emilie du Châtelet gewidmet. Voltaire spricht in seiner Widmung vom Gegensatz, der keiner sei, zwischen weiblichen Pflichten und Bildung: “Es stimmt, dass eine Frau, die die Pflichten ihres Standes verlässt, um sich der Förderung der Wissenschaften zu widmen, selbst in ihren Erfolgen verurteilenswert wäre. Jedoch, Madame, die Geisteshaltung, die das Wissen zur Wahrheit führt, ist jene, die uns zur Erfüllung unserer Aufgaben befähigt.”
dt.; Alzire oder die Amerikaner
– Des Herren von Voltaire Trauerspiel: Alzire oder die Americaner genannt, In deutsche Verse übersetzt und In einer Vorrede beurtheilt von Johann Friedrich Koppen. Dresden, (Gottlieb Christian Hilschern), 1738, 153 Seiten
– Alzire ou les Americains, tragédie 1788. ins Deutsche übertragen und bearbeitet von Fr. W. Gotter.
L’Enfant prodigue, 1736
erstmals am 10 Oktober 1736 in Paris aufgeführt und erlebte 22 Aufführungen. Das Stück ist eine Tragikomödie, eine Neuheit im damaligen Theaterbetrieb, mit dem sich Voltaire einige harte Kritiken einhandelte. Seine Antwort war: „Jedes Genre ist erlaubt, mit Ausnahme des langweiligen‘. Das Stück handelt vom verstossenen Euphémon, der kurz vor der Verheiratung der ihn immer noch liebenden Lise mit Fierenfat, seinem jüngeren Bruder, im übrigen Präsident von Cognac, wieder auftaucht. Lise (sie spricht die schönen Verse: ‚Ce coeur au moins, difficile à dompter, Ne peut aimer ni par ordre d’un père, Ni par raison, ni par devant notaire‘) verzichtet auf die gute Partie Fierenfat, steht zu Euphémon, der außerdem die Vergebung seines Vaters erlangt. Voltaire vertritt die Sache der Liebenden gegen die damals sehr übliche Zweckheirat.
Zulime, 1740
Tragödie in fünf Aufzügen, Erstaufführung Paris, 8. Juni 1740. Zulime, von Voltaire zur gleichen Zeit wie Mahomet verfasst, handelt vom Schicksal des spanischen Königssohns Ramiro und dessen ihm noch in Kinderzeiten angetrauten Alide, die beide in die Gefangenschaft des mohammedanischen Königs Benassar geraten sind. Das Schicksal will es so, dass sich Zulime, die Tochter des Herrschers Benassar unsterblich in Ramiro verliebt und ihm zur Flucht in eine unter ihrem Befehl stehende Festung verhilft, von wo aus sie ihre und Ramiros Flucht nach Spanien organisieren will. Unglücklicherweise erkennt Zulime nicht, dass die ersehnte Heirat mit dem schon verheirateten Ramiro nach christlichem Gesetz undenkbar ist. Sie folgt blindlings ihrer Liebe und will an seiner Seite fliehen, wodurch sie sich verständlicherweise den Zorn ihres Vaters Benassar zuzieht. Im Verlauf der Tragödie, die seit 1770 nicht mehr in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, kommt es zu zahlreichen bewegenden Auf und Abs, an deren Ende aber eine Lage entsteht, die keinen der Protagonisten glücklich – und auch die Zuschauer nicht zufrieden machen kann. Zulime besitzt im Vergleich mit Zaire, die einen ähnlichen Stoff behandelt, den Vorzug, dass es Voltaire hier gelingt, mehrere Themen, die ihn auch an vielen anderen Stellen beschäftigen, sehr komprimiert (‚verdichtet’) und mit erstaunlichem psychologischen Feingefühl darzustellen. Auf einer Extraseite mehr überZulime .
Le Fanatisme ou Mahomet le prophète, Tragédie en cinq actes, 1742
Der Prophet Mahomet liebt Palmire. Er lässt, um Palmire für sich zu haben, ihren Bruder und ihren Vater vergiften. Als sich angesichts dieser Bluttaten und ihres eigenen Schicksals Palmire das Leben nimmt, lässt Mohammed alle Spuren verwischen, um weiterhin als tugendhafter Prophet dazustehen. Voltaire legt die Wurzeln des religiösen Fanatismus bloß und zeigt die Verlogenheit der Priester, angefangen mit den Religionsstiftern selbst, deren Absichten ganz weltlich diesseitig sind. Versteckt hinter der Kritik am Islam ist der eigentliche Gegner das Christentum. Das Stück wurde, am 25.4.1741 uraufgeführt, in Lille ein Triumph, in Paris nach einer gefeierten ersten Aufführung verboten und erst 10 Jahre später wieder gezeigt. Peter Hacks zum Versuch Voltaires, durch den Transfer in eine andere Religion das Stück zu schützen: „Religionsstifter ist Religionsstifter und Offenbarung ist Offenbarung. Eine Krähe hackt der anderen und ein Kardinal einem Mullah kein Auge aus. ‚Mahomet‘ ist ein Stück über Politik. Er ist das Unzumutbarste, das sich einer Obrigkeit zumuten lässt: ein Stück über die Fortsetzung der Politik mit christlichen Mitteln.“
Auf einer Extraseite mehr zu Mohammed.
dt.: Der Fanatismus oder Mohammed, der Prophet
– Mahomet nach Voltaire, Tübingen 1802 Cotta, übersetzt von Goethe. Die Übersetzung ist in den Goethe-Werkausgaben und in diversen Sammlungen antiquarisch gut erhältlich (zum Beispiel Bd. 22 der Berliner Werkausgabe, Aufbauverlag 1970).
– Voltaire, Der Fanatismus oder Mohammed, Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Tobias Roth,
Berlin: Verlag das kulturelle Gedächtnis, 2017, 175 S.
Mérope, Tragédie en cinq actes, 1743
Mérope wurde erstmals am 20. Februar 1743 in Anwesenheit Voltaires in Paris aufgeführt und erlebte 29 Aufführungen – ein riesiger, auch finanzieller, Erfolg. Mérope, Königin von Messina hat ihren Mann und ihre Kinder durch ein Attentat verloren. 15 Jahre danach ist es dem messinische Heerführer Polyphonte, darin dem Orbassan in Tancrède ähnlich, gelungen, Messina von den Feinden und vom Bürgerkrieg zu befreien. Er ist dadurch der mächtigste Mann im Staat. Um seinen Erfolg komplett zu machen, fordert er Mérope zur Heirat auf, denn so könnte er seinem militärischen Erfolg die ihm fehlende edle Herkunft hinzufügen:
J’ai besoin d’un hymen utile à ma grandeur, Qui détourne de moi le nom d’usurpateur,
(Eine nützliche Verbindung zu meiner Größe brauch ich, mich vom Ruf des Usurpators zu befreien).
Er plant außerdem das Volk für sich zu gewinnen:
C’est encore peu de vaincre, il faut savoir séduire,
Flatter l’hydre du peuple, au frein l’accoutumer,
Et pousser l’art enfin jusqu’à m’en faire aimer
(Siegen bedeutet noch nicht viel, verführen muss man können, der Hydra, dem Volk zu schmeicheln, um es an die Zügel zu gewöhnen und diese Kunst so weit zu treiben, bis es mich liebt).
Der Plan hat nur einen Fehler: Mérope verabscheut den grobschlächtigen Soldaten und trauert noch immer um den ermordeten König und die Kinder, sie hofft außerdem auf Egistes, der als einziges ihrer Kinder dem Gemetzel entkommen sein könnte. Tatsächlich berichtet man ihr von derAnkunft eines fremden Jünglings – jedoch wird dieser beschuldigt, den offenbar wirklich angereisten Egistes im Streit erschlagen zu haben. Mérope plant, ihn als Mörder ihres Sohnes zu töten, um dann lieber selbst aus dem Leben zu scheiden, als in die jetzt unvermeidliche Heirat zu Polyphonte einzuwilligen. Der Jüngling besticht sie jedoch durch seine natürliche Unschuld, mit der er in ihr die gütige und tugendhafte Königin bewundert
Dieu, qui formas ses traits, veille sur ton image!
La vertu sur le trône est ton plus digne ouvrage.
(Beschütz o Gott dein Werk, worin dein Bild sich spiegelt, es ist dein Meisterstück, wenn Tugend Kronen trägt.).
Als sich aber herausstellt, daß der vermeintliche Mörder in Wirklichkeit Egistes selber ist, stellt ihn Polyphonte vor die Wahl, sich ihm entweder zu unterwerfen und die Heirat zu billigen, oder zu sterben. Doch unterdessen kommt heraus, daß Polyphonte das Attentat auf den König und die Kinder selbst verübt hat.. Die Hochzeitszeremonie naht. Egistes wird vorgeführt und soll dem Tyrannen Polyphonte Treue schwören. Stattdessen nimmt er das Opferbeil und versetzt Polyphonte damit einen tödlichen Schlag auf den Kopf. Ein Tumult entsteht. Mérope und ihren Anhängern gelingt es, das Volk auf ihre Seite zu ziehen und sie wird als Königin gemeinsam ihrem Sohn Egistes, dem Thronfolger, als rechtmäßiges Herrschergeschlecht bestätigt.
Semiramis, 1748
Semiramis wurde erstmals am 28.8.1748 in Anwesenheit Voltaires, der mit dem polnischen Ex-König Stanislas aus Lunéville angereist war und später, in einer korrigierten Fassung, 1749 in Fontainebleau aufgeführt. Eines der am meisten gespielten Stücke Voltaires, denn es ist bar jeden religionskritischen Inhalts und dreht sich um das klassische Thema Inzest und Vatermord. Voltaire will hier seine Überlegenheit als Theaterschriftsteller über seine Konkurrenten, die den Stoff vor ihm schon verarbeitet haben, unter Beweis stellen. Außerdem zeigt er zum ersten Mal in Frankreich (man erinnert sich an Hamlet) einen Geist auf der Bühne, was natürlich das Publikum, das Shakespeare nicht kannte, besonders neugierig machte. Die babylonische Königin Semiramis wird von Gewissensqualen erdrückt, denn sie ist mitschuldig am Tode ihres Mannes Ninus. Sie hat ihn gemeinsam mit Assur vergiftet. Ninius, ihr Sohn, soll angeblich ebenfalls ums Leben gekommen sein. Es zeigt sich jedoch, dass er als erfolgreicher Feldherr unter dem Namen Arzace lebt. Das Schicksal will es, dass ihn Semiramis in der Hoffnung, durch den erfolgreichen Feldherrn neue Kraft zu gewinnen, für sich zum Heiratskandidaten erwählt. Das Orakel weist Arzace die Aufgabe zu, den Mord an Ninus zu rächen, er soll Assur töten, seine Mutter jedoch am Leben lassen. Semiramis sucht jedoch den Tod und wird durch eine Verwechslung von der Hand ihres Sohnes erdolcht.
dt.: Semiramis
– Semiramis, Classisches Theater der Franzosen. Leipzig 1819, Brockhaus , 269 S. Übersetzung v. Fr. Peucer.
Nanine ou l’homme sans préjugés (Nanine oder die Vorurteile), 1749
Die kleine Komödie (Voltaire: ‚Bagatelle‘) in 3 Akten ist eine Vorläuferin der Hochzeit des Figaro von Beaumarchais.
Graf d’Olban liebt Nanine, seine intelligente und wache Hausangestellte und will sie gerne heiraten. Das läuft aber seiner Mitbewohnerin, der Baronin d’Orne zuwider und ist entgegen der gesellschaftlichen Konvention. Nachdem Mutter d’Olban, nach manch‘ Verwirrspielen, ihre Zustimmung zu der Mesalliance gegeben hat, kommt die Heirat zustande. Also: Liebe, Zuneigung gegen Konvention – wie fast immer bei Voltaire., der ja selbst mit der verheirateten Emilie du Chatelet zusammenlebte. Es ist unverkennbar, daß auch Elemente seiner damaligen Lebenssituation, die Abkühlung der Liebe zu Emilie und die erwachende Zuneigung zu seiner Nichte Mme. Denis, in die Komödie eingeflossen sind. Das Stück ist dem damals sehr erfolgreichen, 1740 erschienenen Briefroman von S. Richardson, Pamela or virtue rewarded (Pamela oder die belohnte Tugend) nachempfunden. Anders als bei Richardson ist aber in Nanine die Heirat nicht der Lohn für übermenschliche Tugendhaftigkeit, sondern für die Überwindung eines Vorurteils zugunsten der natürlichen Zuneigung, So findet die Komödie bei Voltaire, eben auch auch keinen kompromisslerischen Schluß, in dem die eigentliche adlige Geburt Nanines entdeckt würde, sondern Nanine bleibt bei Voltaire, was sie ist: liebenswert und intelligent, Tochter eines Landwirts.
Oreste, Tragédie en cinq actes, 1749
Das Stück war bei der ersten Aufführung beim Publikum durchgefallen, so dass Voltaire für die zweite zahlreiche Änderungen vornehmen musste. Immerhin wurde es dann neun mal gespielt, aber erst die Wiederaufnahme 1762 brachte den erhofften großen Erfolg.
In dieser Tragödie entwickelt mehr als in allen anderen seiner Stücke den Gegensatz zwischen menschlichem Empfinden und ‚höherer‘ Pflicht, zwischen einem unfähigen König (Aigisthos) und dem Volk, das Agammemnon verehrt und – in einem revolutionären Akt – Orest, befreit. Klytaimnästra wiederum, die ihren Ehemann tötet, folgt der schicksalhaften Pflicht, den zu töten, der ihre gemeinsame Tochter, Iphigenie, dem Kriegsglück opferte… Eine hochpolitische Interpretation des antiken Stoffes.
dt.: Orest
– Aischylos, Euripides, Voltaire, Krenek, Sartre, Anouilh: Orest. Vollständige Dramentexte. Hrsg. von Joachim Schondorff. Zürich Buchclub Ex Libris 1967, 383 S. Mit einem Vorwort von Walter H. Sokel.
L’Orphelin de la Chine, 1755
In diesem Stück, das erstmals im Juli in Les Délices (Genf), dann mit großem Erfolg am 20. August in der Comédie Francaise aufgeführt wurde, geht es im Wesentlichen um das Thema Treue, und zwar um Treue bis hin zur Selbstaufgabe. Die Eheleute Idamé und Zamti, chinesische Adlige, verstecken bei sich den einzig überlebenden Sprössling der Kaiserfamilie. Sie wissen, daß, wenn sie das Leben des kaiserlichen Thronfolgers gegenüber dem barbarischen Dschingis Khan schützen, die chinesische Kultur vor dem Untergang bewahrt werden kann – ein Ziel, dem sie ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder unterzuordnen bereit sind. Angesichts dieser beiden so mutigen und standhaften Menschen erkennt Dschingis Khan die Überlegenheit der chinesischen Kultur über das barbarische mongolische Reitervolk, wobei ihm, dies ist nicht unwesentlich für Voltaires Sicht kulturellen Fortschritts, seine Liebe zu Idamé hilft. Er schenkt Idamé, Zamti und dem Thronfolger das Leben.
dt.: Ein Waise in China
Orphelin de la Chine, In drei Akten, München 1913 gedruckt für die Gesellschaft für romanische Literatur von Max Niemeyer, Halle a.d.S,230 S., Fromm 27110
Tancrède, 1759
Das Stück wurde erstmals im Oktober 1759 in Voltaires privatem Theater in Tournay bei Genf und am 3. September 1760 in Paris aufgeführt. Es spielt im sizilianischen Syrakus im Jahr 1005. Die Stadt liegt im Krieg mit dem sarazenischen General Solamir. Tancrède ist ein vom Volk geliebter Adliger, jedoch dem Senat v. Syrakus unter Führung seines grobschlächtigen Widersachers Orbassan verhasst. Tancrèdes französische Herkunft (obwohl in Syrakus geboren) wird benutzt, um ihm Illoyalität unterzuschieben, sein Eigentum zu konfiszieren und ihn selbst aus der Stadt zu verbannen. Tancrèdes Wahlspruch lautet: „Liebe und Ehre“, gerade diesem wird er aber nicht voll und ganz gerecht, denn er zweifelt an der Treue und Loyalität der von ihm geliebten Amenaide, der Tochter Agiris, des alten Statthalters von Syrakus. Zwar rettet er sie vor dem sicheren Tod aus den Händen Orbassans, indem er diesen im Zweikampf tötet, glaubt aber, Amenaide habe ihre Liebe Salomir, dem Bedränger Syrakus’, geschenkt und also ihn und die Stadt verraten. Aus Verzweiflung darüber sucht er den Tod im Kampf gegen die Sarazenen, stirbt in den Armen seiner geliebten Amenaide, die ihm noch ihre Liebe versichern kann, um ihm dann in den Tod nachzufolgen..
Das Stück zeigt den Untergang der Edlen und Gerechten, derer, die wie Amenaide zu ihren Empfindungen stehen, keinen Verrat begehen und fähig sind, zu lieben, es zeigt das Unrecht, das gerade denjenigen geschieht, die sich – wie Tancrède – eigentlich treu und wahrhaftig zu ihrem Land bekennen. Die Ursache von alldem ist, dass die Macht in schwachen Händen oder aber in denen von kulturlosen, skrupellosen Gesellen liegt.
dt.: Tancrède nach Voltaire
– Tancrède nach Voltaire, Tübingen 1802, Cotta , übersetzt von Goethe. Enthalten in den Goethe-Werkausgaben und in diversen Sammlungen antiquarisch gut erhältlich. (zum Beispiel Bd. 22 der Berliner Werkausgabe, Aufbauverlag 1970).
Le Dépositaire, 1767
geht auf eine Anekdote von Ninon de Lenclos zurück. Als ein gewisser Gourville aus Frankreich fliehen musste, übergab er eine randvolle Geldkassette an Mme Ninon de Lenclos, deren Reputation zweifelhaft war, eine andere an einen weithin als Frömmler bekannten Vertrauten. Bei seiner Rückkehr fand er bei Ninon seine Geldkassette wieder, die inzwischen an Wert noch gewonnen hatte. Als er jedoch bei seinem frommen Vertrauten nach der zweiten Kassette fragte, war diese leer und er bekam zur Antwort: “Ich habe das Geld für fromme Werke verwendet, denn was hätte ich besseres tun können, als dieses Geld für Euer Seelenheil auszugeben, wo es Euch doch andernfalls der sicheren Verdammnis ausgeliefert hätte.”