Soll man alles den Kindern vermachen? Gewiß nicht. Und noch weniger den Eltern, jedenfalls nicht, wenn es um die Erziehung geht.
Dies ist eine der Lehren, die man einem Bericht von Europe 1 in der letzten Woche über die Zunahme der religiösen Gruppenbildung in den Schulen entnehmen kann, der sich auf einen Informationsdienst des Erziehungsministeriums bezieht.
Da ist die Rede von Kindern, immer jüngeren zumal, die den Inhalt bestimmter Lehrstoffe ablehnen, die sich weigern, Porträts von Menschen zu zeichnen, die sich im Musikunterricht die Ohren zuhalten, die es ablehnen, einem Mädchen die Hand zu geben, die es ablehnen, neben Schweinefleisch essenden Mitschülern zu sitzen; andere werden beleidigt, wenn sie dieses essen, weil sie Muslime sind, sich nicht halal ernähren, Mütter von Schülern einer Grundschule werden beim Verteilen von Flugblättern überrascht, in dem sie die Trennung von Jungen und Mädchen in der Schule fordern. Aber auch verstörende Fälle wie den der Schüler in Troyes, die sich weigerten, ins Schwimmbad zu gehen, weil sie befürchteten, dort gegen die Gebote des Ramadan zu verstossen, wenn sie sich am Badewasser verschluckten. Oder die Schüler einer Einrichtung im Norden Frankreichs, die sich weigerten, ihr Klassenzimmer zu betreten, weil dort die Möbel rot waren, eine Farbe, die, so scheint es, vom Koran als haram – unrein verurteilt wird.
Gleichzeitig lehnten einige Eltern die Teilnahme ihrer Kinder am Unterricht über die Geschichte des Monotheismus ab, wenn es dort um den Islam ging, aus Angst, ihre Kinder könnten dadurch zur Konversion motiviert werden.
Der Informationsdienst ist eine Plattform, die das Erziehungsministerium seit einem Jahr installiert hat, um Fragen von Lehrern aufzunehmen, die sich mit einem Problem konfrontiert sehen, das mit Religion zu tun hat. Dort gehen täglich 30 Meldungen ein. Dabei fallen all jene Fälle unter den Tisch, die die Lehrer gar nicht melden, weil sie keine Schwierigkeiten möchten, oder weil sie nicht noch mehr ‚Öl ins Feuer gießen‘ wollen, oder weil sie es einfach satt haben.
Zwischen April und Juni wurden ungefähr 400 Fälle behandelt, sagt das Erziehungsministerium. Es gebe keine Zunahme bei diesen Fällen, die schon seit längerem erfasst werden, der Obin Bericht von 2004 enthielt sie bereits, allerdings sind sie aggressiver geworden und radikaler.
Als 2004 das Gesetz gegen religiöse Abzeichen in der Schule verabschiedet wurde, meinten seine Gegner, es sei überflüssig und stigmatisierend, weil es nur eine handvoll Schüler beträfe. Sie vertraten damit das Dogma von der ‚vernünftigen Anpassung‘ dem man in Kanada folgt, um verschiedene Identitäten zu respektieren, aufgrund dessen es einem Sikhs-Schüler erlaubt wurde, in der Schule sein rituelles Messer zu tragen. Man kann sich fragen, wie die französischen Schulen heute aussehen würden, wenn man damals auf diese Leute gehört hätte.
Die Gruppenbildung, der Kommunitarismus, nichts als ein anderes, respektableres Wort für Apartheid, trägt nicht dazu bei, eine Gesellschaft zu formen, sondern arbeitet daran, sie in möglichst viele verschiedene Fähnlein aufzuteilen, die sich unausweichlich dann untereinander bekämpfen. Für das friedliche Zusammenleben bedeutet dies das gleiche was der ökonomische Neoliberalismus für eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums bedeutet.
Die andere, wichtigere Lehre, die daraus zu ziehen ist, lautet, dass die Religionen in ihrem Anspruch, die soziale und politische Kontrolle auszuüben, niemals nachlassen. und dass der Kern ihres Programms darin besteht, den Obskurantismus zu erhalten oder zurückzuerhalten. Man kann das jedesmal feststellen, wenn der ‚progressive‘ Papst Franziskus seinen göttlichen Mund öffnet um zu verkünden, was er von der Abtreibung hält. Letzte Woche noch hat er Mediziner, die Abtreibungen vornehmen, mit bezahlten Mördern verglichen. Nichts Geringeres.
Die politische Doktrin der Religion ist eine tödliche Krankheit. Und die einzig bisher bekannte Schutzimpfung dagegen ist die Trennung zwischen Kirche und Staat, der Laizismus.