(Übersetzung aus Mémoires, p. )
“ Ich kaufte durch ein einzigartiges Geschäft für das es in diesem Land noch kein Beispiel gab, einen kleinen Besitz von ungefähr 60 Morgen*, den man mir für das doppelte von dem verkaufte, was er in der Nähe von Paris gekostet hätte: aber das Vergnügen ist niemals zu teuer; das Haus ist hübsch und bequem; das Äußere ist charmant, macht Eindruck und langweilt nie. Auf der einen Seite ist der Genfersee, auf der anderen die Stadt; die Rhône fließt hier mit großem Gebrodel heraus und mündet in einen Kanal am Fuße meines Gartens; der Fluß Arve, der aus der Savoie hinabfließt, ergießt sich in die Rhône; ein weiterer Fluß ist in der Ferne zu sehen. Hundert Bauernhäuser, hundert lächelnde Gärten schmücken die Ufer des Sees und der Flüsse; in der Ferne erheben sich die Alpen, und durch ihre Schluchten hindurch zeigen sich dutzende vom ewigen Schnee bedeckte Gipfel. Ich habe noch ein schöneres Haus mit einem weiteren Blick in Lausanne, aber mein Haus bei Genf ist sehr viel angenehmer. Ich habe in diesen beiden Wohnungen, was Könige kaum geben oder vielmehr, was sie einem nehmen: die Ruhe und die Freiheit und ich habe sogar, was sie einem manchmal geben und ich habe es nicht von ihren Gnaden erhalten.
Ich habe in die Tat umgesetzt, was ich in Le Mondain gesagt habe:
“Welch schöne Zeit ist das Jahrhundert des Eisens.”**Alle Bequemlichkeiten des Lebens an Möbeln, an Personal, alles, was man zum guten Leben braucht, befindet sich in meinen beiden Häusern; eine freundliche Gesellschaft und Menschen mit Geist erfüllen die Augenblicke, die mir das Studium und die Sorge um meine Gesundheit lassen. Mehr als einer meiner teuren Schriftstellerkollegen krepierte leidvoll aus den verschiedensten Gründen. Wenn man wie ich nicht reich geboren wurde, muss man auf der Hut sein. Fragt man mich, durch welche Kunst ich es geschafft habe, wie ein Großgrundbesitzer zu leben, sei es gern gesagt, damit mein Beispiel anderen nutze. Ich habe so viele arme und verachtete Schriftsteller gesehen, dass ich schon vor langer Zeit beschlossen habe, ihre Zahl nicht auch noch zu erhöhen. Man muss in Frankreich Amboss oder Hammer sein, ich wurde als Amboss geboren. Ein kleines Erbe wird von Tag zu Tag kleiner, weil über die Zeit die Preise steigen und sich die Regierung oft genug an den Erträgen und den Geldmitteln vergreift. Man muss sehr aufmerksam alle Maßnahmen der stets überschuldeten und wetterwendischen Minister beachten, die die Staatsfinanzen betreffen. Es gibt immer einige, von denen ein Privatmann profitieren kann, ohne irgendjemandem verpflichtet zu sein und nichts ist süßer als sein Glück durch sich selbst zu machen, die ersten Schritte kosten etwas Anstrengung, die weiteren sind einfach. Man muss in der Jugend gut wirtschaften und man wird im Alter ein Vermögen haben, über das man selbst überrascht ist. Dies ist die Zeit, wo der Wohlstand am wichtigsten ist, dessen ich mich trotz gewaltiger Verlusten erfreue. Nachdem ich bei Königen gelebt habe, habe ich mich selbst zum König gemacht.”
* Ein Hektar = 4 Morgen, d.h. Les Délices war mit 15 Hektar nicht gerade klein
** Voltaire meint, dass ein Zeitalter beginnender handwerklicher Fertigkeiten, die es dem Menschen zunehmend erlauben, von der Natur unabhängig zu werden, sich das Leben angenehm zu machen, einem Zeitalter vollkommener Abhängigkeit von Naturzwängen bei weitem vorzuziehen ist.